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Aus Liebe zur analogen Fotografie

Pouva Start – einfach und kompakt ins Mittelformat

Wenn man die Pouva Start das erste Mal in die Hand nimmt, mag sie einem unscheinbar vorkommen. Wenige Bedienelemente und die insgesamt günstige Bauweise lassen auf eine simple analoge Kamera schließen. Und obwohl der erste Eindruck in diesem Fall nicht täuscht, kann die Pouva Start für den geneigten Fotografen eine befreiende Wirkung haben. Ein Erfahrungsbericht.

Faszination Pouva

Die Pouva Start wurde von der Karl Pouva AG in Freital ab 1951 in mehreren Variationen hergestellt. Die günstige Bauweise und die technische leichte Handhabung ermöglichten es vor allem Fotografieanfängern, sich dem Medium Mittelformat auf eine unbekümmerte Art zu nähern.

Dennoch weißt diese Kamera einige auch heute noch sehr interessante Funktionen auf. Zu nennen sind neben der praktischen Arretierungsmöglichkeit des Auslösers für Langzeitbelichtungen vor allem die Möglichkeit, Doppelbelichtungen vorzunehmen. Denn wie bei vielen Kameras im Niedrigpreissegment fehlt auch der Pouva Start eine Sperre gegen Doppelbelichtungen. Zumindest, wenn man auf die herkömmlichen Sperrsysteme abstellt. Denn auch die Pouva Start bietet mit ihrem Schneckentubus die Möglichkeit, ungewollte Belichtungen zu vermeiden. 

Durch diese einfache wie auch praktische Konstruktion reduzieren sich die Maße der Pouva Start enorm. Auch wenn sie selbst dann das berühmte Kreditkartenformat einer Rollei 35 zwar nicht erreicht, kann sie gerade in Mittelformatbereich durch die so erreichte Kompaktheit überzeugen.

Pouva Start analoge Mittelformatkamera mit geöffneter Rückwand.
Die geöffnete Rückwand der Pouva Start. Viel Technik ist in dieser Kamera nicht vorhanden.

Varianten der Pouva Start

Die Pouva Start wurde in zwei Versionen sowie unterschiedlichen Lizenzmodell hergestellt. Daher gibt es heutzutage eine Vielzahl verschiedener Modelle auf dem Gebrauchtmarkt. Die ursprüngliche Kamera ist vor allem am aufklappbaren Sucher zu erkennen. Dieser besteht aus einem großen Glaselement vorne und einem kleineren Visierelement hinten. Im aufgeklappten Zustand konnte so das Motiv angepeilt werden. Die zweite Version besaß dagegen einen kompakteren, fest verbauten Sucher und wurde in verschiedenen Farbvarianten hergestellt.

Die bekannteste Lizenzkamera ist wohl das Modell P56L der Firma HAMA, welche mit leichten Designanpassungen für den westdeutschen Markt veröffentlicht wurde. Besonders auffallend ist diesem Modell der Wegfall des M-Modus, wodurch keine Langzeitbelichtungen mehr möglich waren. Weitere Lizenzmodelle wurden in Ungarn und Polen veröffentlicht.

Pouva Start analoge Mittelformatkamera mit eingelegtem Film.
Der einfachen Konstruktion ist geschuldet, dass es keine Lichtdichtungen gibt. Daher sollten Filme recht zügig zu Ende fotografiert werden.

Produktinfos zur Pouva Start

Hersteller: Karl Pouva AG
Bezeichnung: Pouva Start
Typ: Rollfilmkamera im Format 6×6
Arbeitsweise: manuell
Belichtungsmessung: keine

Belichtungseinstellungen: Vorhanden sind zwei Zeitmodi und zwei Blenden:

In Stellung Z (Zeit) sind Langzeitaufnahmen möglich (nicht bei der P56L)
In Stellung M (Moment) öffnet sich der Verschluss für 1/25 Sekunde

Als Blenden können F 1:16 (Sonnensymbol) und F 1:8 (Wolkensymbol) eingestellt werden

Sonstiges:

Keine Sperre gegen Doppelbelichtungen
Feststellung des Auslösers für Langzeitaufnahmen möglich
Schneckentubus mit Objektiv muss zur Inbetriebnahme herausgedreht werdenProduktionszeitraum: 1951 bis 1972


Neupreis: 16,50 Mark

Wofür taugt so eine simple Mittelformatkamera?

Wer bereit ist, sich auf dieses reduzierte Handwerkszeug einzulassen, erlebt vielleicht die eingangs erwähnte befreiende Wirkung. Als leichte Kamera ist sie für jeden Ausflug zur Stelle. Ihre Kompaktheit erlaubt ein leichtes Verstauen, die Auslösemechanik verhindert eine versehentliche Belichtung des Filmmaterials. Angst vor Kratzern auf der Linse? Bei den günstigen Beschaffungspreisen eher Nebensache.

Freunde der Lomographie werden mit dieser Kamera ebenfalls ihre Freude haben. Die relativ starke Vignettierung und die oft zufälligen Ergebnisse unterstützen die eher experimentellen lomographischen Filme. Zufällig nenne ich die Ergebnisse, da die entstehenden Fotos auch mit normalem Film sehr unterschiedlich ausfallen können. Abgeblendet und bei guten Lichtverhältnissen erreicht das Objektiv durchaus eine anständige Qualität. Bei Offenblende hingegen verlieren die Bilder oft an Zeichnung und Kontrast.

Die Pouva Start ist daher natürlich keine Kamera für Fine Art Fotografie oder Reportagen. Dafür schafft sie etwas anderes auf ihre besondere Weise. Sie ermöglicht durch ihre Einfachheit ein gelöstes, ja lustvolles Fotografieren und experimentieren mit dem Mittelformatfilm, welcher sonst eher geplant und bewusst eingesetzt wird. Schlussendlich liegt es ja in der Hand des Fotografen, was er oder sie aus dem vorhandenen Handwerkszeug macht.

Galerie: Bilder mit der Pouva Start

Ich hoffe, diese Vorstellung hat dir die Pouva Start etwas näher gebracht. Ich kann sie auf jeden Fall empfehlen und wünsche dir viel Spaß, falls du mal mit ihr unterwegs bist!

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Dieser Beitrag erschien zuerst als Printartikel in der Photoklassik II/2021.

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